Analytics für Startups: Interview mit Marco Szeidenleder
Marco Szeidenleder ist als Managing Partner der Pandata GmbH. einem Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen mit den Schwerpunkten Business Intelligence und Marketing- und Web-Analytics, tätig.
Er hält einen M.Sc. in European Business von der französischen Business School ESCP Europe und hat neben Berlin in Paris und London studiert. Die nötige technische Expertise erwarb er durch sein Studium der angewandten Informatik mit Schwerpunkt Anwendungsentwicklung und seiner Tätigkeit als Web- und Mobile App-Entwickler bei einem Startup in Rio de Janeiro.
Vor der Gründung von Pandata arbeitete Marco bei Rocket Internet, wo er seinen späteren Mit-Gründer kennenlernete.
Marco, Was tust du aktuell?
Ich bin Managing Partner bei Pandata. Wir beraten und implementieren Lösungen im Bereich Digital Analytics und Business Intelligence. Das heißt, wir machen alles von Tracking auf Web und Mobile, über komplette Data Warehouse Setups und Architekturen, bis hin zum Reporting und Data Science.
Wenn du heute eine brandneue Website aus dem Nichts aufbauen müsstest, welche drei Maßnahmen wären wohl am effizientesten hinsichtlich Zeit- und Geldaufwand?
Ich gehe jetzt vom niedrigsten Budget aus. Die Hauptfrage wäre, um was für eine Art von Geschäftsmodell es sich handelt: verkauft man damit, geht es mir hauptsächlich um Awareness oder geht es mir darum, Content zu veröffentlichen? Dieses Ziel herauszufinden ist der Schlüssel, um das Tracking-Konzept zu erstellen. Denn ohne dieses Ziel zu kennen, ist es schwierig auf irgendwas zu optimieren.
Wenn ich von dem minimalsten Setup ausgehe, dann würde ich die Website mit Wordpress aufsetzen. Da würde ich auf jeden Fall das Yoast SEO Plugin aufsetzen, mit dem kann man sich einige Stunden SEO-Beratung sparen. Und gerade das Duracell Tomi‘s Plugin für Wordpress von GTM finde ich auch super. Damit hast du, was Tracking anbelangt, richtig viel abgedeckt und kannst sehr viel erreichen.
Wenn wir dann noch Budget und Lust haben, dann würde ich Macro-Conversion tracken, damit ich dementsprechend optimieren kann. Die hängt von diesem Ziel ab, das wir am Anfang hoffentlich klar definiert haben.
Welche drei KPIs sind wohl die wichtigsten für die allermeisten StartUps?
Die KPIs ergeben sich meistens aus zwei sehr typischen Problemen, die ich schon in fast jedem Startup beobachtet habe:
Ich will alle Marketing-Kosten in einem einheitlichen Reporting verfügbar machen. Im Analytics habe ich auf jeden Fall die Kosten aus AdWords drin, aber oft kommen noch Kosten aus anderen Kanälen hinzu, bspw. für Offline-Marketing. Die alle in einem einzigen Reporting zu haben, ist ein ganz klassisches Problem, das früher oder später in fast jedem Startup auftritt.
Das zweite Problem ist, die tatsächliche Zahl der Transaktion zu ermitteln und diese mit dem Web-Tracking und auch anderen Unternehmensdaten zu verknüpfen.
Ganz klassische Fälle sind die Abo-Modelle oder ein zweiseitiges Marktplatz, wo es nicht unbedingt eindeutig ist, was eine Transaktion is. Gerade das ist eine Herausforderung, weil man die Daten aus dem Backend mit anderen Daten verknüpfen muss.
Jeder möchte die klassische KPIs oder auch klassische Reportings, wie der Customer Lifetime Value oder die Berechnung von Kohorten, aber die kriegst du einfach nicht bei einem Abo-Modell, wenn du kein Zugriff auf die Transaktionsdaten hast.
Was ist der wohl größte Fehler, den die meisten Unternehmen in Sachen Analytics machen?
Das Ziel ist nicht klar definiert. Es entsteht schnell ein Silo-Denkweise. Da ist die Produktabteilung, die an der Webseite, an der App oder was auch immer bastelt. Die Business-Intelligence-Abteilung im Unternehmen, die an der Auswertung der Daten arbeitet und getrennt davon noch eine Marketingabteilung. Und am Ende bräuchten Sie alle dieselben Daten.
Aber durch diese Silos haben gibt es drei verschiedene Wege, wie auf die Daten zugegriffen werden und wie diese Daten verwendet werden. Nicht nur das, es gibt auch unterschiedliche Definitionen für eine Transaktion und die Zielerfüllung.
Es muss einer da sein, der alles überblickt und auch die ganze Wertschöpfungskette der Daten versteht.
Was ist der beste fachliche Rat, den du je bekommen hast?
Erstelle niemals ein gemischtes Setup, d.h. mach niemals einen Teil Tracking im Tag-Management System und ein Teilen hart-kodiert in der Webseite, wie man es früher gemacht hat. Es führt zwangsläufig zu Problemen.
Denn oft ist der Teil, der im Quellcode implementiert ist, nicht so gut dokumentiert. Und dann habe ich noch einen anderen Teil, welches über das Tag-Management System gesteuert wird und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese beiden Teile sich beeinflussen und daraus entstehen recht große Probleme.
Welches eine Tool oder Aktion oder Entscheidung hatte den größten positiven Einfluss auf das Wachstum deiner persönlichen Marke bzw. deiner Agentur?
Eine der wichtigsten Entscheidungen fand schon vorher statt. In meiner Zeit als Freelancer habe ich das “Digital Analytics Meetup” in Berlin gegründet, das es heute immer noch gibt. Ein Expertentreffen, dass alle 2 Monaten stattfindet, 2 bis 3 Vorträge und bisschen Networking. Das fand vor Kurzem zum fünfzehnte Mal statt.
Wir haben jetzt mittlerweile über 1.600 Mitglieder in der Gruppe, rund 100 Teilnehmer bei jedem Event. Das hat sehr viel gebracht, um bekannter zu werden und um Awareness in dem Bereich zu erzeugen.
Welchen Trend findest du aktuell am spannendsten?
Dass immer mehr eine Verschmelzung zwischen Analytics und Business Intelligence stattfindet.
Und dasgerade die typischen Reporting- und die Datenbank-Technologien im Analytics-Bereich immer wichtiger werden, weil sich das Ganze von „wir schauen uns Log-Files bzw. Cookies an" immer mehr in die Richtung entwickelt, „was können wir eigentlich mit den Daten noch machen?“. Und da komme ich einfach mit den meisten Analytics-Tools an ihre Grenzen.
Spannend ist insbesondere BigQuery, das Datenbank System das Google als Service anbietet und direkt eine Anbindung an Google Analytics und sehr viele andere Tools, erlaubt.
Und außerdem Data Studio, was die neue Visualisierungslösung von Google ist, mit der ich direkt auf die Quellen zugreifen kann.
Im großen Universum des digitalen Lebens, was ist der “tropfende Wasserhahn”, den irgendjemand dringend mal reparieren sollte?
Die UTM-Parameter. Das sind die Parameter die ich für das Kampagnen-Tracking setze. D.h. wenn ich irgendwo steuern kann auf welche URL geklickt wird, sollte ich im Normalfall diese sogenannten UTM- Parameter an meine URL anhängen und die erlauben meinem Analytics-System diesem Traffic der entsprechende Kampagne zuordnen.
Was ist dein Lieblingstool in Sachen Digital Marketing bzw. Analytics?
PostgreSQL ist da einer der Standards. Da lässt sich mit der Kombination aus dem und Python recht viel mit machen. Es geht dann nicht mehr ohne Developer, aber dafür habe ich den Vorteil, komplett agnostisch unterwegs zu sein und jeder, der mit diesen sehr verbreiteten Technologien umgehen kann, kann auch mit diesen Daten arbeiten.
Welches Buch und/oder Blog würdest du jedem empfehlen, der sich mit Analytics beschäftigen möchte und warum?
Der Blog von Avinash Kaushik "Occam’s Razor" und der Blog von Simo Ahava, das ist die Referenz zum Thema Google Tag Manager. Da kann man fast sagen: wenn es da nicht drin steht, dann gibt es das nicht.
Wie können die Leser dir folgen?
https://www.xing.com/profile/Marco_Szeidenleder
https://twitter.com/szeidenleder
https://de.linkedin.com/in/szeidenleder
Webseite: http://pandata.de/
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