Tomas Herzberger

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Personal Branding: Wie kann ich mich selbst positionieren?

Es hat drei Monate gedauert, bis ich meine Offenbarung hatte. Meine Positionierung, mein ganzes berufliches Selbstbildnis war nicht viel mehr als eine zusammen-geschusterte Website, die ich mit einigen coolen Buzzwords garniert hatte. Drei Monate, seitdem der Investor meines größten, besten, einträglichsten Projekt-Auftrags von einem Tag auf den anderen den Stecker gezogen hatte und ich gestrandet war. Ohne Einkommen, ohne Aufträge, ohne klares Ziel. Naja, zumindest mit weniger als vorher.

All das war mit dem Fehlen einer klaren Positionierung begründet. Aber es hatte 3 Monate gedauert, bis mir dieser Umstand bewusst geworden ist.

Was war der Auslöser?

Ich hatte mich inzwischen bei einigen Freelancer-Börsen angemeldet, um neue Projekte zu akquirieren. Einer der potentiellen Auftraggeber verlangte die Ergebnisse einen "Myers-Briggs"-Tests zu sehen. Dahinter verbirgt sich ein Persönlichkeits-Test, den ich bereits aus meinem Studium an der Ball State University kannte. Ein guter, spannender Test, der die Persönlichkeit eines Menschen in einen von 16 verschiedenen Typen zuordnet.

In meinem Fall wurde ich als ENFJ eingestuft, ein Protagonist:

Auch wenn natürlich nicht die komplette Persönlichkeitsbeschreibung zutreffend war (ich und sensibel?), so war ich "hooked" und begann, Fragen zu stellen. Wusste ich, was ich wollte - und kommunizierte ich dieses Ziel an meine Kunden?

Nein.

Also beschloss ich, das zu ändern. Und zwar Pronto.

1. Schritt: Wo stehe ich?

Durch den Test hatte ich bereits den Hinweis darauf, dass ich gerne lehre und coache. Das war wahr: ich hatte immer viel Freude daran gehabt, Workshops und Seminare zu leiten und meine Mitmenschen "aufzuschlauen".

Ich erstellte eine sog. "Lebenslinie": ich listete alle wichtigen Ereignisse der letzten 15 Jahre auf und vergab Zahlen von -3 (für den Tod Verwandten und Freunden) über 0 (= "okay") bis zu +3 (= "davon werde ich meinen Enkeln noch erzählen!")

Was habe ich herausgefunden?

Abgesehen von coolen Abenteuer-Reisen habe ich mich am wohlsten gefühlt, wenn ich (teils im Team, teils alleine) kreative Projekte realisiert und dafür Anerkennung erfahren habe. Diese Anerkennung ist mir wichtiger als Beförderungen. Ich arbeite gerne lang und intensiv an der Lösung von Probleme - und feiere die Erfolge dann mit Freunden (getreu dem Motto "work hard, play hard!").

2. Schritt: Wie sehen mich andere?

Ich erstellte mit Typeform eine Umfrage, die ich an ca. 20 Freunde, Verwandte und Ex-Kollegen schickte. Um ein ehrliches Feedback zu bekommen, schickte ich die Umfrage auch an Menschen, die nicht gerade meine besten Freunde waren (aber fair genug, um meine Fragen zu beantworten). In dieser Umfrage bat ich darum, aus einer laaaaangen Liste 12 Charaktereigenschaften auszuwählen, die mich am besten beschreiben.

Das sind meine Top5:

  1. Aufgeschlossen (mit weitem Abstand!)

  2. Begeisterungsfähig

  3. Direkt

  4. Bodenständig (da würden einige widersprechen)

  5. Verbindlich

Sagen wir mal so: ich war überrascht. Meine persönliche Liste hätte anders ausgesehen.

3. Schritt: Business Model Canvas

Ich kaufte mir das Buch "Business Model You" und folgte der Empfehlung, einen persönlichen Business Model Canvas zu erstellen. Wofür hatte ich mir schließlich dieses große Whiteboard gekauft?

Das Ergebnis - die weiße Leinwand - sah so aus:

Diese Leinwand galt es nun, mit Leben zu füllen. Ich nahm mir einen ruhigen Moment um zu definieren:

  • welche Partner können mir dabei helfen, mein Ziel zu erreichen?

  • welche meiner Eigenschaften + Fähigkeiten sind hilfreich für andere?

  • wie definieren sich diese "anderen" aka. potentielle Kunden?

  • über welche Kanäle kann ich sie erreichen?

  • mit welchen Kosten ist das verbunden?

  • aus welchen Quellen kann ich Umsatz generieren?

  • etc.

Am Ende des Abends sah die Leinwand so aus:

 

Bereits während des Prozesses hatte ich festgestellt, das weder meine Website noch mein professionelles Selbstbild klar genug definiert waren. Zum Einen trennte ich nicht gut genug zwischen meinen Tätigkeiten als Autor und Berater. Und zum anderen sprach ich meine potentiellen Kunden als eine homogene Zielgruppe an, obwohl sie das nicht ist. Ich musste spezifischer auf die Probleme der unterschiedlichen Kunden eingehen - und klar vorstellen, wie ich ihnen am besten helfen kann.

Meine Zielgruppen sind:

  1. StartUps, die sich auf ihr Produkt konzentrieren (müssen), aber Digital Marketing zum Wachstum benötigen.

  2. Mittelständler, die wissen, dass sie im Bereich Digital mehr tun müssen, aber nicht die zeitlichen und personellen Ressourcen haben

  3. (Media)Agenturen

  4. Leser für meine Bücher

 

4.Schritt: Mein Ziel

Was will man? Glücklich sein. Natürlich. Dazu gehört Geld - und Zeit, es sinnvoll und mit lieben Menschen auszugeben. Aber wieviel Geld? Laut dieser Studie fast 60.000,- EUR im Jahr. Netto. Kirchensteuer hin, Kindergeld her - sagen wir 100.000,- EUR im Jahr.  

Und dazu genug Zeit, meinen Sohn aufwachsen zu sehen. Und - natürlich - Gesundheit. Um letzteres habe ich mich bereits gekümmert und das Ziel erreicht (Blog-Post folgt).

Inspirierend - auf eine sehr amerikanische Art und Weise - ist auch dieses Video von Digital Marketing Guru Jeff Walker:

Er fragt darin, wie man sein Ziel definieren kann und fordert dazu auf, Denkblockaden aus dem Weg zu räumen. In seinem Fall war sein Ziel nicht, 100.000$ zu verdienen - sondern soviel zu verdienen, dass er 100.000$ für einen guten Zweck spenden kann. Sozusagen aus der Portokasse.

Das ist doch mal ein Denkansatz, oder?